20.11.2013, 16 Uhr
Akademie der Künste trauert um Dieter Hildebrandt
Der bekannteste und beliebteste deutsche Kabarettist Dieter Hildebrandt ist tot. Obwohl ihm die Zeit und die politischen Verhältnisse selten lustig erschienen, entbehrte für ihn sein Leben in trotzender Gegenwehr nie der Komik. Zum Lachen bringen wollte er die Menschen, doch immer mit dem Anspruch, ernst genommen zu werden.
Dieter Hildebrandt wurde 1927 im niederschlesischen Bunzlau geboren. Der Gymnasiast wurde 1943 Flakhelfer und überlebte den Krieg in britischer Gefangenschaft. In München studierte er ab 1950 Literatur- und Theaterwissenschaft, nahm außerdem Schauspielunterricht und verdiente seinen Lebensunterhalt u.a. als Platzanweiser im Schwabinger Kabarett „Die kleine Freiheit“. Dort traten gelegentlich „Die Seminarren“ auf, mit deren „Chef“ Klaus Peter Schreiner er sich anfreundete und satirische Texte und Kabarettnummern zu schreiben begann. Mit Studenten der Studiobühne kreierten Hildebrandt und Schreiner dann ein Faschingskabarett in der „Alten Laterne“. Sie brachen ihr Studium ab und betrieben bis Herbst 1956 das Kabarett „Die Namenlosen“.
Mit Sammy Drechsel gründete Dieter Hildebrandt die „Münchner Lach- und Schießgesellschaft“, für die er als erfolgreicher Autor und Interpret bis 1972 tätig war. Von 1974 bis 1982 schrieb und spielte er zusammen mit Werner Schneyder die Duoprogramme „Talk täglich“, „Lametta & Co“, „Wie abgerissen“, „Keine Fragen mehr“ und „Ende der Spielzeit“. Außerdem verfasste er mehrere Soloprogramme für Ursula Herking. Von 1973 bis 1979 moderierte er im ZDF die einmal pro Monat ausgestrahlte satirische Fernsehsendung „Notizen aus der Provinz“, und ab 1980 war er viele Jahre lang der Protagonist des vom SFB produzierten satirischen Fernsehkabaretts „Scheibenwischer“.
Der u.a. mit dem Grimme-Preis, dem Schiller-Preis der Stadt Mannheim und dem Berliner Kunstpreis ausgezeichnete Kabarettist, seit 1996 Mitglied der Akademie der Künste, trat im Folgenden hauptsächlich mit Soloprogrammen auf, mit Texten und Gedanken über Kurz- und Langzeitgedächtnis, über Politik und Zeitgenossen, über Gesellschaft und Geschichte, die Hildebrandt ab 1986 auch als eine Art Autobiographie in Buchform publizierte: „Was bleibt mir übrig“, „Denkzettel“ und „Gedächtnis auf Rädern“.
Nach Erscheinen des ersten Bandes meinte er: „Man schreibt seine Lebenserinnerungen nur einmal. Danach hat man die Aufgabe, unverzüglich zu sterben.“ Da ihm ein langes Leben vergönnt war, musste er mit dem Erinnern weitermachen. Er verpasste uns immer wieder Denkzettel und lieferte das notwendige Kontrastprogramm zum nachlassenden Erinnerungsvermögen so vieler „Gedächtnisschwindsüchtiger“.
„Dieter Hildebrandt war einer der ganz Großen des deutschen Kabaretts. Konsequent wie kaum ein anderer seiner Zunft kämpfte er mit den Mitteln der politischen Satire für die Wahrung unseres Grundgesetzes. Ich verliere in ihm einen verlässlichen Freund, ein Vorbild. Die Demokratie verliert einen ihrer geistreichsten Mitstreiter“, würdigt Akademie-Präsident Klaus Staeck Dieter Hildebrandt.
Klaus Staeck, Präsident der Akademie der Künste
Klaus Völker, Mitglied der Akademie der Künste – Sektion Darstellende Kunst