19.11.2012, 11 Uhr
Corinna Harfouchs Abend für Etel Adnan
"Liebe ist die höchste Gewalt"
Unter dem Titel "Liebe ist die höchste Gewalt" hatten Akademie-Mitglied Corinna Harfouch und Frank Raddatz am 8. November 2012 zu einem Abend für Etel Adnan eingeladen. In Anwesenheit der 1925 in Beirut geborenen und in Paris lebenden Dichterin und Malerin lasen Christian Grashof, Corinna Harfouch, Jutta Hoffmann, Alexander Khuon, Kathleen Morgeneyer, Frank Raddatz, Suheer Saleh und Christian Schmidt aus ihren Werken (Programmzettel hier), musikalisch begleitet von Hannes Gwisdek mit Peter Bartz und Chang-Yun Yoo. Die Übersetzerinnen Klaudia Ruschkowski, Ulrike Stoltz und der Suhrkamp-Lektor Hans-Ulrich Müller-Schwefe berichteten sehr persönlich aus der Arbeit mit Etel Adnan und an ihren Texten. Die Autorin selbst betrat am Ende gerührt und beglückt die Bühne und las auf Englisch einen Text, den sie in diesem Jahr verfasst hat:
ABER: WIR EXISTIEREN DOCH
In letzter Zeit denke ich oft: "Aber wir existieren doch! Wir sind hier!" Das Leben ist eine Offenbarung, ganz gleich, unter welchen Umständen. Alle reden von Krise, und Pessimismus herrscht überall. Langsam gehen wir unter in einem Strudel aus Angst, einem Ozean aus Unrat und Dreck. Die Menschen sind bankrott, die Staaten auch - und erst kürzlich meldete die NASA, dass in vier Milliarden Jahren die Galaxie Andromeda mit der Milchstrasse kollidiert und beide verschmelzen werden. Das wird ein gewaltiges Beben geben! Aber wir leben! Auf unserem Planeten gibt es heute rund sieben Milliarden Menschen. Was ich damit meine? Dass alles, was geschieht, zahlreiche Ursachen hat: physische, physikalische, geistige, immaterielle Kräfte sind am Werk. Unsere Existenz ist das stets veränderliche Ergebnis all dessen, was ist und was sein wird. Und das bedeutet auch, dass wirklich alles zählt, angefangen bei den kleinsten Dingen, die man rasch übersieht, bis hin zu den absolut offenkundigen Tatsachen, an denen keiner vorbeikommt. Alles hat seine Bewandtnis. Nichts ist bedeutungslos. Ich möchte sogar behaupten, dass das Gute genauso wie das Böse lebensnotwendig ist, zum Leben gehört. Dass wir existieren, dass Sie und ich in diesem Augenblick hier vorhanden sind, bedeutet nur, dass sich die widerstreitenden Kräfte des Guten und Bösen in einer Art Gleichgewicht befinden, und dass das Leben also weitergeht. Ich bin ein zutiefst pessimistischer Mensch, denn ich stamme aus dem syrisch-libanesischen Raum, in dem seit nunmehr einem Jahrhundert fast ununterbrochen Krieg herrscht. Doch trotz der furchtbaren menschlichen Tragödien, die ich erlebt habe, trotz der immensen Probleme, vor denen die Menschheit und der Planet Erde stehen, bin ich zuversichtlich, dass sich mit jedem Neugeborenen auch die Welt erneuert. Ich habe Menschen Höllenqualen leiden sehen, um das Leben nur einen Tag zu verlängeren… Und die Sonne scheint verschwenderisch für alle, die sich von ihr wärmen lassen. Und darum lasst uns Feuer fangen für das Hier und Jetzt und uns in die Zukunft verlieben! Seien wir ehrlich: Wir können uns freuen. Wir müssen das Glück nur wollen. Ein Stück Brot und ein Glas Wasser könnten... nein: sind ein wahres Festmahl! Lasst uns einen Moment lang einfach glücklich sein. (2012)
Ein Abend für Etel Adnan am 8. November 2012 in der Akademie der Künste
1 Ensemble
2 (v.l.n.r.) Suheer Saleh, Corinna Harfouch, Christian Grashof, Jutta Hoffmann
3 Christian Schmidt
4 Corinna Harfouch und Jutta Hoffmann
5 Etel Adnan applaudiert dem Ensemble
6 Corinna Harfouch
7 Kathleen Morgeneyer und Alexander Khuon
8 musikalisch begleitet von Hannes Gwisdek mit Peter Bartz und Chang-Yun Yoo
9 Etel Adnan empfängt den Applaus des Publikums
10 Etel Adnan beim Signieren ihrer Bücher während der Pause im Studiofoyer
Fotos Marcus Lieberenz
Aufzeichnung der Veranstaltung vom 8. November 2012 in der Akademie der Künste am Hanseatenweg
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