17.11.2015, 15 Uhr
Bedeutendes Gemälde von Anton Graff kehrt in die Akademie der Künste zurück
Feierliche Rückgabe an Akademie-Präsidentin Jeanine Meerapfel fand am 17. November statt
Am 17. November wurde ein kriegsbedingt verlagertes Gemälde von Anton Graff (1736-1831), das sich bisher im Besitz der Städtischen Galerie Dresden befand, an die Kunstsammlung der Akademie der Künste zurückgegeben. Die feierliche Übergabe fand im Rahmen des Symposiums „10 Jahre Deutsch-Russischer Museumsdialog“ statt. Das wertvolle Gemälde wurde von Gisbert Porstmann, Direktor der Museen der Stadt Dresden, an Akademie-Präsidentin Jeanine Meerapfel überreicht. Es zeigt den Schauspieler Johann Friedrich Reinecke (1745-1787), der für seine Rollen in Shakespeares Komödien gefeiert wurde. Mit der Rückgabe wurde eine wichtige Lücke im Kunstbesitz der Akademie der Künste geschlossen.
Die umfangreiche Sammlung der 1696 gegründeten Künstlersozietät besteht vor allem aus Werken der Mitglieder sowie einer Lehrsammlung und wurde durch Kriegsverluste und kriegsbedingte Verlagerungen erheblich dezimiert. Unter den Verlusten sind allein sechs Gemälde des Akademie-Mitgliedes Anton Graff, der zu den bekanntesten deutschen Porträtisten des 18. Jahrhunderts zählt.
Im Anschluss an die Gemälderückgabe tagte ein Fachkolloquium des Deutsch-Russischen Museumsdialogs (DRMD) in der Akademie der Künste, ausgerichtet von der Kulturstiftung der Länder und der Stiftung Preußischer Kulturbesitz.
Die Klärung der Besitzverhältnisse ist das Ergebnis der gewissenhaften Forschungen der Arbeitsgruppe „Kriegsverluste deutscher Museen“ des Deutsch-Russischen Museumsdialogs, die von der Akademie der Künste finanziell unterstützt wurden. Das Anton Graff-Gemälde war nach Kriegsende von den Trophäenbrigaden der Roten Armee in das Staatliche Puschkin-Museum nach Moskau verbracht und von dort 1958 im Rahmen der großen Rückführungskampagne zwischen der UdSSR und der DDR nach Dresden abgegeben worden. Durch die Auswertung der Transportlisten aus russischen Archiven und den Vermerken auf der Rückseite des Gemäldes konnten nunmehr die Besitzverhältnisse endgültig geklärt werden. Der Fall zeigt beispielhaft, wie schwierig und zeitraubend sich derartige Forschungen gestalten. Zugleich setzt die Rückgabe ein positives Zeichen für einen kooperativen und kollegialen Umgang mit kriegsbedingt verlagertem Kulturgut und verdeutlicht die zentrale Rolle der Provenienzforschung in Kulturinstitutionen.
Literaturhinweis
Kriegsverluste der Preußischen Akademie der Künste.
Historisches Archiv und Kunstsammlung.
Akademie der Künste, Berlin 2005, 229 s/w-Abbildungen, 202 Seiten, ISBN 3-88331-084-0, € 7,50
Download: PDF-Datei (7MB)
Rede der Akademie-Präsidentin Jeanine Meerapfel zum Deutsch-Russischen Museumsdialog in der Akademie der Künste am 17.11.2015
Sehr geehrte Frau Pfeiffer-Poensgen, sehr geehrte Frau Dr. Kaiser-Schuster, sehr geehrter Herr Dr. Porstmann, meine sehr verehrten Damen und Herren,
herzlich willkommen in der Akademie der Künste. Ich freue mich, dass Sie heute unser Gast sind, um anlässlich des 10-jährigen Jubiläums des Deutsch-Russischen Museumsdialoges über gemeinsame Forschungsprojekte und Ausstellungsvorhaben zu diskutieren. Besonders freue ich mich über die zahlreichen Vertreter aus russischen Museen und Sammlungseinrichtungen, die heute anwesend sind. Seien Sie herzlich gegrüßt.
Als Präsidentin einer Künstlersozietät ist es mir ein wichtiges Anliegen, das unser künstlerisches Erbe den Menschen zugänglich ist und Kunstwerke gezeigt und erforscht werden können. Ich kann daher die Forderung des Deutsch-Russischen Museumsdialoges nur begrüßen, die Sammlungen gegenseitig zu öffnen und für Projekte nutzbar zu machen. Mir ist wohl bewußt, dass die russischen und deutschen Kulturgutverluste infolge des Zweiten Weltkrieges ein schwieriges und emotional aufgeladenes Thema sind. Gerade weil dieser barbarische Krieg von Deutschland ausging, haben wir eine besondere Verpflichtung, die offenen Fragen im gegenseitigen Respekt und mit großer Verantwortung zu diskutieren. Es ist daher ein gutes Zeichen, wenn Ihre Tagung für den Dialog zwischen russischen und deutschen Kultureinrichtungen eintritt und versucht, abseits schwieriger politischer und rechtlicher Fragen die Zusammenarbeit zu normalisieren und dadurch Vertrauen zu schaffen. Die Akademie der Künste unterstützt diesen Dialog aktiv. Zum einen dadurch, dass wir dem Deutsch-Russischen Museumsdialog die Recherchemittel unseres Archives zur Verfügung stellen und die Arbeit finanziell fördern. Zum andern, in dem wir uns an grenzüberschreitenden Ausstellungsprojekten mit Russland, aber auch anderen Nachfolgestaaten der Sowjetunion, beteiligen. Ein Beispiel sei genannt. Zurzeit laufen die Vorbereitungen für die internationale Ausstellung „Europe 1945-1968: Trauma and Revival“, die vom Staatlichen Puschkin-Museum in Moskau, dem BOZAR – Palais des Beaux-Arts in Brüssel - und dem ZKM – Zentrum für Kunst und Medientechnologie - in Karlsruhe kuratiert wird. Die Akademie wird Leihgeber sein.
Kriegsverluste an Kulturgut sind für die Akademie der Künste leider ein wichtiges Thema. Unsere Kunstsammlung ist infolge des Zweiten Weltkrieges in ihrem Bestand erheblich dezimiert worden. Vor zehn Jahren haben wir einen Katalog herausgebracht, der allein 2.188 Skulpturen, Gemälde, Zeichnungen und Medaillen verzeichnet, die seit dem Zweiten Weltkrieg verschollen sind. Dazu gehören Werke so bekannter Künstler, wie z.B. Carl Blechen, Daniel Chodowiecki, Gottfried Schadow und Adolph von Menzel. Angesichts dieser Verluste ist es umso erfreulicher, wenn eine Lücke wieder geschlossen werden kann. In diesem Falle ist es ein wunderbares Porträt von Anton Graff, das nunmehr nach Berlin zurückkehrt. Die Akademie freut sich außerordentlich darüber. Eine Freude, die Sie sicherlich teilen werden, wenn Sie das meisterhafte Werk dieses großen Porträtisten des 18. Jahrhunderts betrachten werden. Haben Sie, lieber Herr Porstmann, und die Stadt Dresden herzlichen Dank dafür, dass Sie die Rückgabe ermöglicht haben. Dass Sie so unbürokratisch den Empfehlungen der Arbeitsgruppe „Kriegsverluste deutscher Museen“ gefolgt sind, setzt ein positives Zeichen für den kooperativen und kollegialen Umgang mit kriegsbedingt verlagertem Kulturgut. Zugleich ist es ein schönes Beispiel dafür, wie ernst deutsche Kultureinrichtungen die Ergebnisse der Provenienzforschung nehmen. Vielen Dank.
Die hier vorgetragenen Ergebnisse zeigen exemplarisch wie schwierig und zeitraubend Forschungen zu kriegsbedingt verlagertem Kulturgut sind, aber auch wie wichtig und lohnend sie im Einzelfall sein können. Unser Dank gilt allen daran Beteiligten, vor allem Frau Dr. Anne Kuhlmann-Smirnow, die die verworrenen Spuren des Graff-Gemäldes verfolgt und zu einem Bild verdichtet hat.
Ich wünsche allen Teilnehmern des Symposiums konstruktive und vertrauensvolle Gespräche und hoffe, dass es viele Ansatzpunkte für gemeinsame, grenzüberschreitende Projekte gibt. Vor allem wünsche ich Ihnen viel Erfolg bei Ihrer Aufgabe, verschlossene Depots zu öffnen, verschollene Kunstwerke zu ermitteln und diese den Menschen - wo auch immer - zugänglich zu machen.
Vielen Dank