16.10.2017, 10 Uhr
Butt mit Stäbchen. Zum 90. Geburtstag von Günter Grass
Am 16. Oktober 2017 wäre Günter Grass 90 Jahre alt geworden. Zu diesem Anlass wird vielfältig an Leben und Werk des Nobelpreisträgers erinnert – im Literaturarchiv der Akademie der Künste durch eine Postkarte von Günter Grass an Hans Altenhein, den langjährigen Geschäftsführer des Luchterhand Verlags.
Hans Altenhein, wie Grass 1927 geboren, war von 1973 bis Ende 1987 Geschäftsführer des belletristischen Verlagsteils von Luchterhand. Kurz nach seinem 90. Geburtstag am 10. September 2017 schenkte er dem Akademiearchiv großzügig Briefe von Christa Wolf, Anna Seghers, Hans Bunge und Günter Grass.
Die Post, die Hans Altenhein privat von Günter Grass erhielt, belegt, dass Autor und Verlagsleiter einander auch freundschaftlich verbunden waren, obgleich man sich nicht duzte. „Zwischen Hongkong und Jakarta“ denkt Grass während einer längeren Asien-Afrika-Reise am 20.3.1978 an Hans Altenhein und schickt ihm die Ansichtskarte einer altertümlichen Dschunke vor der modernen Skyline von Hongkong. „Lieber Herr Altenhein, nach Japan und einem kompakten Stück China essen wir schon perfekt mit Stäbchen – in Kyoto übrigens ‚Butt‘. Herzliche Grüße, auch an Ihre Frau von Ute und Ihrem Günter Grass.“ Anfang September 1986 berichtet Grass in einem langen Brief über seine Indienreise. Er schildert überfüllte Vorortzüge, verfallende Kolonialbauten, quälende Hitze, und fügt dann hinzu: „Ansonsten zeichne ich und führe – selbst bei Stromsperre – Tagebuch“. Die in Briefen wie dem an Hans Altenhein unmittelbar geschilderten Beobachtungen und Erfahrungen aus Indien sind Grundlage für den 1988 bei Luchterhand erschienenen Band Zunge zeigen.
Schon die erste Buchveröffentlichung von Günter Grass, Die Vorzüge der Windhühner, Gedichte und Grafiken, kam 1956 im Luchterhand Verlag heraus, ebenso 1959 sein Roman Die Blechtrommel, mit dem der junge Autor weltbekannt wurde. Bis 1992 blieb Luchterhand der Verlag von Günter Grass, der – wie sollte es anders sein – den Verlag nicht nur durch seine Texte, sondern auch durch seinen Einsatz für die Rechte der Autoren prägte: Er war wesentlich beteiligt daran, dass die in den 1970er Jahren nicht unüblichen Diskussionen um Mitbestimmung von Autoren an der Verwertung ihrer Werke bei Luchterhand nicht im Sande verliefen, sondern in die Gründung eines mit umfänglichen Befugnissen ausgestatteten Autorenbeirats mündeten. Im Archiv sind Etablierung und Auflösung des Autorenbeirats in der Korrespondenz zwischen Günter Grass, dem Luchterhand Verlag und Einzelpersonen wie etwa Hans Altenhein detailliert nachzulesen. Und natürlich nicht nur das: Im Günter-Grass-Archiv – 55 laufende Meter Werkmanuskripte, Korrespondenz, Fotos und andere Materialien, von den Grafiken in der Kunstsammlung der Akademie ganz zu schweigen – wird auch zum 100. Geburtstag des Autors und bildenden Künstlers noch Neues zu entdecken sein.
Ansprechpartnerin: Helga Neumann