1.4.2025, 15 Uhr
Residenzstipendien für künstlerische Forschung vergeben
Projekt „Every Artist Must Take Sides – Resonanzen von Eslanda und Paul Robeson“

Leila Bencharnia / Ariel William Orah / Katharina Warda / Andrii Dostliev / Lia Dostlieva (v.l.o. im Uhrzeigersinn)
Das Projekt „Every Artist Must Take Sides – Resonanzen von Eslanda und Paul Robeson“ widmet sich mit Stipendien, einer Ausstellung und einem Festival dem Nachhall zweier Ausnahmepersönlichkeiten des 20. Jahrhunderts: Eslanda Cardozo Goode Robeson (1895–1965) und Paul Robeson (1898–1976). Ihr politisches und künstlerisches Wirken war Ausdruck eines kompromisslosen Widerstands gegen jede Form der Unterdrückung und eines Denkens, das die Welt in Verbindungen versteht. Bei dem Projekt kooperiert die Akademie der Künste, die auch das Paul-Robeson-Archiv unterhält, mit dem Centre for Humanities Research at the University of the Western Cape, Kapstadt, und dem Haus für Poesie, Berlin.
Aus 118 internationalen Bewerbungen für Stipendien wurden drei Künstler*innen und ein Künstler*innen-Duo ausgewählt: Am 1.4.2025 treten Leila Bencharnia, Andrii Dostliev & Lia Dostlieva, Ariel William Orah und Katharina Warda ihre Residenzen in der Akademie der Künste in Berlin und am Centre for Humanities Research at the University of the Western Cape in Kapstadt an. Die Stipendiat*innen arbeiten in visuellen, auditiven oder interdisziplinären Formaten zu den transnationalen Resonanzen der Bestände des Paul-Robeson-Archivs und der UWC Research Collections, einschließlich des UWC Robben Island Museum Mayibuye Archive, mit Blick auf die Gegenwart. Das Programm unterstützt die Künstler*innen sowohl bei ihrer Archivrecherche als auch bei der Produktion neuer künstlerischer Arbeiten, die anschließend in der Akademie-Ausstellung in Berlin präsentiert werden.
„Every Artist Must Take Sides – Resonanzen von Eslanda und Paul Robeson“ zeigt vom 14.11.2025 – 25.1.2026 Werke zeitgenössischer Künstler*innen und Musiker*innen sowie Zeugnisse aus dem Paul-Robeson-Archiv der Akademie der Künste. Der Titel des Projekts basiert auf einem Appell von Paul Robeson, mit dem er den Kampf der Internationalen Brigaden im Spanischen Bürgerkrieg während eines Solidaritätskonzerts im Jahr 1937 in London unterstützte.
Die Jury setzte sich zusammen aus Lina Brion, Aidan Erasmus, Anujah Fernando, Julia Gerlach, Heidi Grunebaum und Johanna M. Keller.
Biografien der Künstler*innen:
Leila Bencharnia (*1993) ist eine marokkanische Komponistin, Klang- und Textilforscherin und Geschichtenerzählerin, die derzeit in Marrakesch und Berlin lebt. In ihrer künstlerischen Praxis bringt sie Klangexperimente mit der Materialität von Textilien in Verbindung. Inspiriert von der komplexen Logik des Webens schafft Bencharnia Werke, in denen es um Struktur, Wiederholung, Erzählung und Resonanz geht. Beeinflusst von den räumlichen Erkundungen des Free Jazz und seinem Bekenntnis zur Improvisation erscheinen ihre Kompositionen wie offene Räume. Bencharnia arbeitet mit verschiedenen Formaten, darunter Klanginstallationen, akusmatischen Stücken, grafischen Partituren und Live-Performances. Als Tochter eines in der traditionellen marokkanischen Musik beheimateten Musikers ist Bencharnias Beziehung zu Klängen, Rhythmus und Textur stark von den mündlichen und musikalischen Traditionen ihrer Herkunft geprägt. Ihre Kompositionen eröffnen Raum für Interpretation und Protest. Das Zuhören positioniert sie als dekolonialen und verkörperten Akt.
Andrii Dostliev (*1984) ist ein ukrainischer Künstler, Kurator und Fotografiewissenschaftler und lebt derzeit in Polen. Sein Hauptinteresse gilt den Themen Erinnerung, Trauma, Identität, dekoloniale Praktiken in Osteuropa, schwule Geschichte in der Ukraine sowie den Grenzen der Fotografie als Medium. Er arbeitet mit Fotografie, Video, Zeichnung, Performance und Installation. Dostliev war Gastwissenschaftler am Institut für die Wissenschaften vom Menschen, Wien, und Artist-in-Residence an der Central European University, Budapest. Gemeinsam mit Lia Dostlieva stellte er im ukrainischen Pavillon auf der Biennale Venedig 2024 aus.
Lia Dostlieva (*1984) ist eine ukrainische Künstlerin, Kulturanthropologin und Essayistin und lebt derzeit in Polen. In ihrer Kunst- und Forschungspraxis beschäftigt sie sich mit dem Begriff des kollektiven Traumas, dekolonialen Narrativen sowie der Handlungsfähigkeit und Sichtbarkeit gefährdeter Gruppen. Sie war Teilnehmerin des ukrainischen Pavillons auf der 60. Biennale von Venedig 2024. Ihre Werke wurden an verschiedenen internationalen Ausstellungsorten gezeigt, u. a. Malta Biennale, Kunstinstituut Melly (Rotterdam), Kolumba Museum (Köln), Ludwig Museum (Budapest), National Gallery of Art (Vilnius), Tbilisi Photography and Multimedia Museum (Tiflis), National Museum of Fine Arts (Bischkek), und Latvian National Museum of Art (Riga). Seit 2024 ist sie CEC ArtsLink International Fellow. 2023 war Dostlieva Alumna der Jan van Eyck Academie (Maastricht) und 2019 Visiting Fellow des Instituts für die Wissenschaften vom Menschen (Wien).
Ariel William Orah (*1983) ist indonesische*r Künstler*in und „Community-Katalysator*in“. Orahs interdisziplinäre Praxis setzt sich kritisch mit systemischen Strukturen auseinander und thematisiert die emotionalen und kulturellen Dimensionen von Vertreibung und Identität. Orah arbeitet in den Bereichen Performance, Klangkunst und in sozialen Projekten mit einem starken Fokus auf sozialer Ungerechtigkeit und Klimawandel. Orah ist Mitbegründer*in der kollaborativen Plattform und Künstler*innengruppe „sōydivsion“, der Think-Tank-Initiative „Mutating Kinship Lab“ und des Klangkollektivs „L-KW“. Orah lebt und arbeitet in Berlin.
Katharina Warda (*1985) ist Autorin und Soziologin. Sie war Fellow der Friedrich Schlegel Graduiertenschule für literaturwissenschaftliche Studien und promoviert in Berlin und Princeton zur Widerständigkeit biografischer Erzählungen in Tagebuch-Blogs. Daneben arbeitet Warda als freie Autorin mit Schwerpunktthemen Ostdeutschland, marginalisierte Identitäten, Rassismus, Klassismus und Punk. 2021 war sie Beiratsmitglied von „Kein Schlussstrich!“, einem bundesweiten Theaterprojekt zum NSU-Komplex. In ihrem Projekt „Dunkeldeutschland“ erkundet sie die Nachwendezeit von den sozialen Rändern aus und beleuchtet blinde Flecken in der deutschen Geschichtsschreibung, basierend auf ihren eigenen Erfahrungen als Schwarze ostdeutsche Frau in der DDR und nach 1989/90.
„Every Artist Must Take Sides – Resonances of Eslanda and Paul Robeson“ ist ein Projekt der Akademie der Künste, Berlin, in Kooperation mit dem Centre for Humanities Research at the University of the Western Cape, Kapstadt, und dem Haus für Poesie, Berlin.
Gefördert durch die Kulturstiftung des Bundes. Gefördert von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien.