Rogério Sganzerla »O bandido da luz vermelha«; Vortrag Ismail Xavier Programm zur Ausstellung "Das Verlangen nach Form"
Film
Rogério Sganzerla
„O bandido da luz vermelha“ (The Red Light Bandit)
92 Min., 1968 (OmeU)
„O Bandido da Luz Vermelha“ erzählt in Fragmenten Aufstieg und Fall eines Antihelden in São Paulo, der von korrupten Politikern bis zu seiner Freundin ausgenutzt wird. Seinen Namen verdankt der Bandit seinem wichtigsten Arbeitsinstrument: einer roten Taschenlampe. Mit dieser leuchtet er jeweils den weiblichen Opfern ins Gesicht, wenn er sich ihrer bei Einbrüchen in luxuriöse Villen bemächtigt. Während die Polizei den „höchst gefährlichen Kriminellen“ hartnäckig verfolgt, machen ihn die populären Medien zur Kultfigur.
Alles hat einen doppelten Boden in dieser brillanten, anarchisch-satirischen Collage, in der die verschiedenen Off-Stimmen gerne von den gezeigten Bildern abschweifen. Rogério Sganzerla bezeichnete seine Fusion aus verschiedenen Genres (vom Krimi bis zur musikalischen Komödie) gerne als Dritte-Welt-Western und begründete mit ihm das Cinema Marginal, eine Untergrundbewegung, die das Cinema Novo als zu institutionalisiert verwarf und sich einer „Ästhetik des schmutzigen Kinos“ verschrieb.
Vortrag
„From baroque drama (1967) to cannibalist art forms (1969–1974): Brazilian cinema searches new forms to face political and cultural discontent“ (Vom barocken Drama (1967) zu kannibalistischen Kunstformen (1969–1974): Der brasilianische Film auf der Suche nach neuen Formen angesichts politischer und kultureller Verwerfungen)
Der Vortrag von Ismael Xavier behandelt die Auseinandersetzung des modernen brasilianischen Films mit dem Neokonkretismus, die mit Glauber Rochas Film „Pátio“ (1959) begann – einem Kurzfilm, der 1959 zeitgleich mit dem Neokonkreten Manifest der bildenden Künstler entstand und die Entstehung des experimentellen Films in Brasilien vorwegnahm. Sein Film „Terra em Transe“ (1967) und Oiticicas Film „Tropicalia“, der im gleichen Jahr im Museu de Arte Moderna in Rio de Janeiro uraufgeführt wurde, gelten als Meilensteine für die anschließende Entstehung des Tropikalismus als ein neues ästhetisches Paradigma in Populärmusik, Theater und Kino. Rogério Sganzerlas Film „O bandido da luz vermelha“ (1968) and Joaquim Pedro de Andrades Film „Macunaíma” (1969) sind Beispiele für eine tropikalistische Parodie. Von 1969 an wurde die brasilianische Filmästhetik aggressiver, kreiste um Körperarbeit, Improvisation und dekonstruktive filmische Strategien. Für dieses Aufleben des „Kannibalismus“ als einer Metapher für die kreative Verarbeitung etablierter Kunst in Brasilien stehen Júlio Bressanes Filmwerk und Arthur Omars fiktive Dokumentation „Triste Trópico“ (1974).
Ismail Xavier lebt in São Paulo, ist Filmwissenschaftler, seit 1971 Professor an der Escola de Comunicações e Artes da Universidade de São Paulo, hatte Gastprofessuren in Iowa, Paris, New York. Mitglied des Kuratoriums der Cinematieca Brasileira und Mitglied des Fachbeirats der Zeitschrift „Novos Estudos CEBRAP“ und „Literatura e Sociedade”.
Vortrag auf Englisch. Eine deutsche Übersetzung wird ausgelegt.