Film ist Erinnerungsarbeit
Für Edgar Reitz ist Erinnerung immer subjektiv, selektiv und lückenhaft. Bei seiner Filmchronik Heimat (1984) hat er dies mit Zeitsprüngen und Ellipsen zum Gestaltungsprinzip gemacht: „Wenn wir Filmmaterial montieren, leisten wir Erinnerungsarbeit.“ Bettina Böhler empfand eine große Verantwortung, durch die Gestaltung ihrer Dokumentation Schlingensief – In das Schweigen hineinschreien (2020) mitzuentscheiden, wie Christoph Schlingensief in Erinnerung bleiben wird. Beide diskutieren u. a. über assoziatives und filmisches Erinnern.
Mit Edgar Reitz (Filmemacher und Autor) und Bettina Böhler (Filmeditorin und Regisseurin)
Bettina Böhler, Filmeditorin und Regisseurin. Ab 1980 zunächst Synchronschnittassistentin bei der Berliner Firma Interopa und beim Sender Freies Berlin (SFB), u. a. bei Produktionen von Helma Sanders-Brahms, Rudolf Thome und Ulrike Ottinger. Seit 1985 Filmeditorin für über 80 Filme, darunter mehrfach mit Michael Klier, Angelina Maccarone, Christian Petzold, Oskar Roehler, Angela Schanelec, Christoph Schlingensief und Margarethe von Trotta. 1991 bis 2015 Dozentin an der Deutschen Film- und Fernsehakademie Berlin (DFFB). Seit 2016 Mitglied der Akademie der Künste, Berlin, Sektion Film- und Medienkunst. 2020 realisierte sie mit dem Dokumentarfilm Schlingensief – In das Schweigen hineinschreien ihre erste Regiearbeit.
Edgar Reitz, Filmemacher und Autor. Mitunterzeichner des Oberhausener Manifests von 1962. 1963 Mitbegründer des Instituts für Filmgestaltung an der Hochschule fur Gestaltung in Ulm und bis 1968 dort Dozent. 1966 Spielfilmdebut mit Mahlzeiten. Seit Mitte der 1970er-Jahre zahlreiche Veröffentlichungen über Filmtheorie und Filmästhetik. 1995 Gründung des Europaischen Instituts des Kinofilms Karlsruhe (EIKK), das er bis 1998 leitete. 1984-1993 Mitglied der Akademie der Künste in West-Berlin; seit 1993 Mitglied der Akademie der Künste, Berlin, Sektion Film- und Medienkunst. Zu seinen wichtigsten Filmen gehoren Cardillac (1969), Die Reise nach Wien (1973), Der Schneider von Ulm (1977), Stunde Null (1978) und die Heimat-Trilogie, die sich aus 31 Einzelfilmen mit mehr als 54 Stunden Spieldauer zusammensetzt. Zuletzt drehte er Heimat-Fragmente (2006) und den vierstundigen Kinofilm Die andere Heimat (2013).