Die Sorglosschlafenden, die Frischaufgeblühten
Christoph Marthalers Hölderlin-Abend Die Sorglosschlafenden, die Frischaufgeblühten ist eine stille wie grandiose Hommage an den Regisseur Klaus Michael Grüber und den Dichter Friedrich Hölderlin.
Einige der bedeutendsten Arbeiten Klaus Michael Grübers sind Friedrich Hölderlin gewidmet. Das Kolloquium der Akademie der Künste erinnert unter anderem an Winterreise im Olympiastadion von 1977 (nach Passagen aus Hölderlins Roman Hyperion). Grübers Inszenierung offenbarte die Unbeschaulichkeit der Visionen des Dichters von der vor ihm liegenden Epoche als Grundierung eines intellektuellen Gegenwartsgefühls.
Mit gleicher kontemplativer Intensität spürt der Regisseur Christoph Marthaler, selbst ein Bewunderer Klaus Michael Grübers, in seinem Hölderlin-Abend der Hoffnung nach, ein kollektiv empfundenes Berührtsein von Kunst als Ausdruck unserer gemeinsamen Existenz als etwas unserer Zeit Verlorenes wiederzufinden. Die zugrundeliegenden Texte sind auch Momentaufnahmen vom existentiellen Lebenskampf des Dichters, vom quälenden Alltag und sozialer Vereinsamung. Über deren unmittelbare Bedeutung weit hinausgehend, verweist Marthalers Inszenierung und Dramaturgie, von exquisiter Musikalität und mit einem wunderbar homogenen Ensemble, auf die Liebe zur Kunst als Daseinsmotiv.
Die Theateraufführung und das Kolloquium vom 14. – 16.5. sind dem Regisseur Klaus Michael Grüber (1941–2008) gewidmet. Grüber lernte bei Giorgio Strehler in Mailand und prägte ab 1972 neben Peter Stein 20 Jahre lang die Schaubühne. Seit 1975 arbeitete und lebte er auch in Frankreich. Mit Malern wie Eduardo Arroyo, Gilles Aillaud und Antonio Recalcati suchte und erfand er dem Theater neue Orte: Faust inszenierte er 1975 in Paris in der Kapelle des Hôpital de la Salpêtrière; 1977 in Berlin, mit Winterreise im Olympiastadion nach Hölderlin, gelang es ihm, den räumlichen Dimensionen Bilder abzugewinnen, die in das „kalte Herz“ der Stadt eindrangen.
Die Sorglosschlafenden, die Frischaufgeblühten
von Christoph Marthaler
mit Texten von Friedrich Hölderlin
Musik: Johann Sebastian Bach, Ludwig van Beethoven, Sergei Rachmaninow, Franz Schubert, Robert Schumann, Carl Maria von Weber
Es spielen: Josefine Israel, Sasha Rau, Lars Rudolph, Samuel Weiss, Viola da Gamba: Martin Zeller, Klavier und Clavichord: Bendix Dethleffsen
Regie: Christoph Marthaler
Bühne: Duri Bischoff
Kostüme: Sara Kittelmann
Licht: Annette ter Meulen
Idee und künstlerische Beratung: Carl Hegemann
Dramaturgie: Malte Ubenauf
Koproduktion mit dem Schauspielhaus Zürich und der Akademie der Künste.
Theatergastspiel und Kolloquium gefördert durch den Hauptstadtkulturfonds.